aus dem Remscheider Generalanzeiger vom 30.10.2015, von Lara Hunt

George Kimber-Sweatman ist 20 Jahre alt, kommt aus Southampton und arbeitet seit Anfang des Schuljahres als Assistenzlehrer am Theodor-Heuss- Gymnasium. Bis Ende Mai bleibt er in Deutschland. Wie gefällt Ihnen Deutschland?

George Kimber-Sweatman: Sehr gut, Deutschland ist zuhause ziemlich ähnlich, darum vermisse ich England nicht so sehr. Aber ich bin nicht zum ersten Mal hier. Ich war schon sechs oder sieben Mal in Deutschland. Vor sechs Jahre habe ich einen Schüleraustausch in Halver gemacht. Und meine Mutter hat vor 30, 35 Jahren in Schwelm als Krankenschwester gearbeitet.

Ist die deutsche Schule anders als die englische?

Kimber-Sweatman: Ja. In Deutschland gibt es nicht so viele Schulstunden. In England geht die Schule jeden Tag bis 16 Uhr, hier gibt es nur zwei lange Tage. Aber der Unterricht ist ziemlich ähnlich. Anders sieht das bei den Sprachkenntnissen aus. Die Engländer aus der neunten Klasse sind bei den Fremdsprachen auf dem Stand der Deutschen in der siebten Klasse. Das hat mich überrascht.

Woran liegt das?

Kimber-Sweatman: In England gibt es nicht so viele, die Sprachen lernen. In meiner Schule musste man zwei Fremdsprachen wählen, allerdings nur in der 7. und 8. Klasse, danach konnte man wieder aufhören. Und man kommt mit Englisch in Europa gut zurecht. Viele Leute fangen gleich an, mit mir Englisch zu reden, wenn sie meinen englischen Akzent hören.

Sind Sie auch im Bereich Fußball aktiv?

Kimber-Sweatman: Ja, in England bin ich Schiedsrichter für die sechste Liga, das ist semiprofessioneller Fußball. Letztes Jahr habe ich als Schiri in England an eine Gruppe für die nationale Entwicklung der Schiedsrichter teilgenommen, das war sehr interessant. Und vor ein paar Jahren durfte ich einen Tag mit Erstliga-Schiedsrichtern verbringen. Da war zum Beispiel Howard Webb dabei, der beim WM-Finale 2010 gepfiffen hat. Das war für mich etwas ganz Besonderes.

Warum?

Kimber-Sweatman: Später will ich auch professioneller Schiedsrichter werden. Das ist aber gar nicht so einfach, das werden nur die besten 16 des Landes. Sonst braucht man einen Nebenjob. Da will ich auf jeden Fall etwas mit Sprachen machen, schließlich studiere ich Deutsch und Französisch.

In Deutschland pfeifen Sie auch?

Kimber-Sweatman: Ja, für die Kreisliga und ein bisschen für die Landesliga. Ich hoffe, dass da noch mehr Landesligaspiele kommen. Das entspricht so ziemlich dem Niveau von dem, was ich in England mache. Aber ich musste ja erst mal zeigen, was ich kann.

War es schwierig, in Deutschland als Schiri anzufangen?

Kimber-Sweatman: Es war gar nicht so leicht. In England bin ich auf Level 4. Man fängt auf Level 9 an und arbeitet sich dann hoch. Seit ich angefangen habe, bin ich jedes Jahr ein Level aufgestiegen. In Deutschland ist das System aber anders, deshalb musste ich erst mal mit den Kollegen in England telefonieren, um herauszufinden, auf welcher Stufe ich in Deutschland bin.

Gibt es noch andere Unterschiede zwischen dem Pfeifen in England und in Deutschland?

Kimber-Sweatman: Ja. In Deutschland werden viel mehr Freistöße verlangt. In England spielt man da schon rauer. Da ist es manchmal gar nicht so einfach, die Balance zu finden zwischen der deutschen Art und meinem Schiedsrichter-Stil.

Wie gefällt Ihnen Radevormwald?

Kimber-Sweatman: Es ist sehr schön, auch wenn man für vieles nach Düsseldorf oder Köln fahren muss. Auf dem THG fühle ich mich gut aufgenommen. In Radevormwald habe ich eine Wohnung, die die Schule mir besorgt hat. Das ist toll, weil da auch Platz für Besucher aus England ist. Aber manchmal ist es auch ein bisschen einsam, in einer WG könnte man schneller Kontakte knüpfen.

Fühlen Sie sich allein?

Kimber-Sweatman: Manchmal ein bisschen. Viele neue Freunde habe ich noch nicht getroffen. Aber so lange bin ich ja noch nicht da. Und ich habe vor, mich mal nach Vereinen umzusehen, um andere Leute kennen zu lernen. Am liebsten würde ich Handball spielen. Das gibt es nämlich in England nicht, da habe ich eine gute Ausrede, wenn ich nicht auf Anhieb so gut bin.