Aus dem Online-Angebot der Bergischen Morgenpost vom 04.11.2023 von Cristina Segovia Buendía (Foto: Jürgen Moll)

Um sich auf ihren bevorstehenden Schulwechsel besser vorzubereiten, boten die weiterführenden Schulen diese Woche Schnuppertage für alle 200 Viertklässler der Stadt an. Am Theodor-Heuss-Gymnasium gab es auch neue Einblicke für die bereits eingeschulten Fünftklässler.

Der Unterschied zwischen Viert- und Fünftklässlern mag für die Betroffenen selbst immens sein. Fünftklässler fühlen sich gegenüber den Grundschülern deutlich weiter. Doch für Außenstehende macht der geringe Altersunterschied von einem knappen Jahr keinen Unterschied. Entsprechend homogen wie jede andere Klasse wirkt an diesem Morgen der Blick in Raum 105. Während die einen sich bereits einen Platz gesucht haben, strömen andere etwas holprig herein, schauen sich um. „Komm hier hin, setzt dich neben mich“, weist ein Junge einen anderen Jungen an. Dass sie sich nicht kennen, wird erst hinterher klar. Der Sitzende ist schon Schüler am Theodor-Heuss-Gymnasium, der andere ist Viertklässler der Grundschule Bergerhof. Vielleicht wechselt er nach dem Sommer zum THG.

Fabian Stendtke ist Lehrer für Sport und Deutsch am Theodor-Heuss-Gymnasium. Links auf dem Foto Grundschüler Giuliano (10) von der GGS Stadt, rechts Eric (11) vom THG. Foto: Jürgen Moll

Auf dem Stundenplan steht heute für diese Gruppe ausnahmsweise mal ein Fach an, dass sowohl für die Viert-, als auch für die Fünftklässler völliges Neuland ist: Französisch mit Lehrerin Catja Schmidt. Am THG können Schüler erst ab Klasse sieben die Sprache von Victor Hugo und Marcel Proust, Édith Piaf oder Charles Aznavour wählen. Hier bekommen sie alle einen neuen Einblick in die neue Fremdsprache. „Bonjour“, begrüßt Schmidt jeden einzelnen Schüler. „Salut“, sagt sie und verteilt lächelnd sanfte Handschläge. Einige Kinder schauen verdutzt, andere tun’s der Pädagogin gleich und erwidern freundlich den Gruß. „Na, was habe ich wohl gerade gesagt?“, will Schmidt dann von der Klasse wissen. Die Finger schnellen in die Höhe. Dass „Bonjour“ Guten Tag heißt und „Salut“ Hallo, wissen die Kinder auch ohne Französischkenntnisse. Wie viel sie tatsächlich schon verstehen können, ohne jemals die Sprache gelernt zu haben, beweist ihnen Schmidt mit einer kurzen Vorstellung. Auf Französisch erzählt sie, dass sie Frau Schmidt heißt, Lehrerin am THG ist und in Wuppertal wohnt. Dass sie Pizza liebt, Tomaten und Orangen, verstehen die Kinder auf Anhieb. „Das ist ja total einfach“, sagt ein Junge in der letzten Reihe zu seinem Sitznachbarn. Wenn es doch nur so einfach bleiben würde. Aber noch will niemand den Kindern den Spaß an der neuen Fremdsprache vermiesen.

Die Stunde geht prompt rum, mit amüsanten Dialogen, die die Kinder untereinander abwechselnd durchspielen und einer Sammlung von französischen Begriffen, die auch in Deutschland völlig geläufig sind: Baguette, Portemonnaie, Croissant und Café, sogar die Aubergine, Balkon und Terrasse haben romanische Wurzeln. Die Kinder sind begeistert und singen am Ende inbrünstig ein französisches Kinderlied mit.

Zeitgleich schnuppern die Grundschüler in anderen Klassen in den Geschichts-, Mathe- und Deutschunterricht. Lehrer Fabian Stendtke verrät den Kindern in seiner Deutschstunde, wie Sachtexte mithilfe einer vierschrittigen Lesemethode entschlüsselt werden können. Als greifbares Beispiel behandelt der Pädagoge die mystischen Runen aus der Wikingerzeit. Für die Kinder spannend, anspruchsvoll, aber auch durchaus nachvollziehbar. Sie sollen schließlich Spaß am Schnupperunterricht haben und nicht gleich abschreckt werden.

Die Neulinge fühlen sich offenkundig wohl, haben Spaß am Unterricht und zeigen sich neugierig ob der neuen Räume. Rafa (10) weiß gar nicht so genau, ob er nach den Sommerferien ans THG gehen wird. Der Schüler der Grundschule Bergerhof überlegt noch. „Ich bin mir noch nicht sicher. Vielleicht besuche ich auch eine Realschule“, sagt der Zehnjährige. Diese würde dann nicht in der Stadt liegen – weil Radevormwald keine Realschule hat. Aber in welcher Stadt, ob es die nahegelegene Albert-Schweitzer Realschule in Remscheid wird oder die Städtische Realschule der Schloss-Stadt Hückeswagen, weiß der Junge nicht. Schön findet er es am THG trotzdem. „Der Unterricht macht Spaß.“ Das Schulgebäude ist für den Jungen allerdings eine Herausforderung. Nur mit Fünftklässlern an der Seite findet er nach der Pause in den Unterrichtsraum zurück.

Auch Stendtke und seine Kollegen sind mit der Schnupperwoche zufrieden: „Die Rückmeldungen aus den Grundschulen waren durchweg positiv. Die Schülerinnen und Schüler fühlten sich sehr willkommen und fanden den Tag spannend und interessant“, erklärt Stendtke. „Die Kinder waren sehr aufgeschlossen und haben sich im Unterricht gut eingebracht.“ Verloren ging niemand der etwa 200 Kinder, die sich im Laufe der Woche am THG umschauten. „Da die jüngeren Kinder jeweils aus der Mensa abgeholt wurden, war die Gefahr, sich zu verlaufen, nicht allzu groß.“


Interesse an der gymnasialen Oberstufe